Von der Isar an die Saar

Ein Blick auf das Saarland aus der bayerischen Perspektive

Die 450 Kilometer von München nach Saarbrücken stellen bisweilen Nerven und Geduld auf eine harte Probe: Dauerbaustellen auf der Schwäbischen Alb, das Nadelöhr Leonberger Kreuz – da bleibt viel Zeit für Tagträumereien, etwa darüber, was einen im Saarland so erwarten könnte. All die Klischees von lebenslustigen, frankophilen Bewohnern, von vergangenem Bergbau-Charme und dem romantisch-historischen St.-Johanner-Markt im Herzen Saarbrückens.

Saarland-Marketing leistet diesbezüglich ganze Arbeit, mit überzeugenden Botschaften und ansprechenden Fotos.

Ich selbst als Marketing-Frau pflege gegenüber solchen Darstellungen eine gesunde Grundskepsis und glaube erst Mal nur die Hälfte – und das ist auch schon nicht schlecht. Hinzu kommt mein weiß-blauer Stolz, der mir in die Wiege gelegt wurde und regelmäßig von höchster Stelle durch Umfragen bestätigt wird: München ist die Weltstadt mit Herz, hier möchte jeder leben, weil es doch ein großes Dorf ist, das hohe Sicherheitsstandards und traditionell gelebten Frohsinn gleichermaßen bietet, den lauschigen Biergartenabend und die Nackerten im Englischen Garten. Aber das sind ja auch nur Klischees.

Der Alltag sieht anders aus. Nehmen wir die banale Suche nach einem Parkplatz. Waren Sie mal an einem der ersten sonnigen Sonntage im Jahr in München und wollten an der Isar spazieren gehen? Tun Sie es nicht ohne zuverlässige Ortskenntnisse, die über Google Maps hinausgehen. Oder nehmen Sie gleich die U-Bahn zum Tierparkt Hellabrunn in Thalkirchen und reihen sich in die endlose Schlange der Familien mit Kind und Kegel ein. Und richten Sie sich darauf ein, dass sich dieser Zustand bis zum ersten Schnee nicht wesentlich bessern wird – es wollen alle ans Wasser, und zwar immer, wann Sie es auch wollen. Am Wochenende pilgern Heerscharen von Münchnern und Zugereisten an die oberbayerischen Seen und in die nahen Berge. So schön voll ist es dann an all den „Geheimplätzen“, dass man meinen könnte, sie könnten gar nicht ohne einander. Was wiederum die Einheimischen zwischen Starnberg und Mittenwald in den Wahnsinn treibt.

Hier im Saarland ist das deutlich entspannter, hier besteht wenigstens die Chance auf einen freien Parkplatz. Und wenn’s nicht gerade ein Spaziergang in Saarbrücken am Staden sein muss, finden sich durchaus menschenärmere Strecken, auf denen man die sanfte Hügellandschaft in aller Ruhe genießen kann. Obgleich der Saarbrücker Staden natürlich auch seine Reize bietet.

Am Staden, Saarbrücken

(Photo: © Zippo Zimmermann, www.designladen.com – unauthorized use prohibited!)

Leben im Saarland

Zum Alltag gehören auch ganz grundlegende Dinge wie bezahlbarer Wohnraum. Für den Preis eines Zweizimmer-Apartments in München und Umgebung gibt es im Saarland ein freistehendes Einfamilienhaus. Auch gibt es zwischen Völklingen und Kleinblittersdorf zu Besichtigungsterminen von Wohnungen keine 200 Bewerber, die vom polizeilichen Führungszeugnis bis zur Einkommensteuererklärung alles darlegen müssen, um überhaupt vorsprechen zu dürfen. Auch Minderheiten wie alleinerziehende Mütter oder Familien mit Haustieren bekommen im Saarland noch eine Chance. Die sind aus München längst ins Allgäu oder gleich nach Österreich geflohen.

An der Saar lebt es sich einfach deutlich entspannter, finde ich. Die Prioritäten sind andere. Es zählt nicht, wer man ist, sondern was man isst – „Hauptsach` gudd gess“ statt „Mia san mia“. Das eine klingt viel gemütlicher als das andere, man möchte sich direkt mit an den Tisch setzen.

Vielleicht liegt München auch einfach zu weit weg von Frankreich, und die Zeiten, als Napoleon den Bajuwaren Kultur und Savoir vivre brachte, liegen lange zurück, auch wenn es in manchen Wirtshäusern noch ein Böfflamotte (Boeuf à la mode) gibt.

Apropos Esskultur: Sie haben ja hier die tolle Möglichkeit, jederzeit über die Grenze zu fahren und dort französische Köstlichkeiten einzukaufen, vom fantastischen Angebot an vorzüglichen Weinen ganz zu schweigen. Von München aus ist man zwar schnell in Österreich oder Italien, aber das ist nicht dasselbe.

Nicht nur aus kulinarischen Gründen hat sich der beschwerliche Weg über die A8 für mich immer gelohnt. Unzählige Male bin ich im Laufe der letzten Jahre hin- und hergefahren, habe immer wieder Kisten in mein Auto geladen und bin so, Stück für Stück, Fahrt um Fahrt, endgültig hier angekommen. Ach ja, noch so ein Punkt: Mein Auto. Ein Peugeot natürlich. Schon mein zweiter.

Dabei muss ich gestehen, dass ich die Vorteile des Saarlands nicht ganz freiwillig zu schätzen gelernt habe. Ich wurde quasi zu meinem Glück gezwungen – die Liebe hat mich an die Saar gelockt. Folglich hätte ich das Saarland nie so gut kennengelernt, wenn ich nicht dem Ruf meines Herzens gefolgt wäre, was im Nachhinein betrachtet natürlich ausgesprochen schade wäre. Das Saarland-Marketing muss also meiner Meinung nach weiter am Bekanntheitsgrad dieses kleinen, aber feinen Bundeslandes arbeiten, damit auch andere hierher finden und es für sich entdecken.

Vermutlich bin ich aber nicht die einzige, die aus einem anderen Teil Deutschlands kommt. Da muss es doch noch mehr geben, vielleicht jemand aus dem hohen Norden? Aus dem Osten? Aus dem Ruhrpott? Melden Sie sich doch und erzählen Sie, wie Sie das Saarland kennengelernt haben, was Sie heute daran schätzen.

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Mehr über Eugenia erfahren

Eugenia Borris, gebürtige Münchnerin und Mutter zweier Söhne, ist zweisprachig (Deutsch/Englisch) aufgewachsen und hat Anfang der 90er-Jahre ein Studium der Fachrichtung Internationales Marketing an der Berufsakademie Villingen-Schwenningen absolviert. Im Anschluss daran war sie in kleinen und mittelständischen Unternehmen für das operative Marketing zuständig.
2008 gründete sie in München Magnus Marketing, um Unternehmen bei ihrer internen und externen Kommunikation zu beraten. Seit 2013 unterstützt sie darin der Journalist Robert Hauke als Partner, gemeinsam setzen sie Print- und Onlineprojekte für regionale Mittelständler sowie internationale Konzerne um.
Ihren Lebensmittelpunkt hat Eugenia Borris im letzten Jahr ins Saarland verlegt, pendelt aber nach wie vor regelmäßig nach Bayern. Ihre Freizeit verbringt sie am liebsten mit Familie und Freunden, fährt Motorrad oder wandert auf dem Jakobsweg.

Eugenia Borris
6 Kommentare
  1. Peter Anterist sagt:

    Ich würde diesem Artikel gerne eine „Like“ geben oder ihn zur Unterstützung des Saarland Marketings auf meiner Facebook Seite teilen. Entweder ist dies einfach nicht möglich, oder ich bin zu doof um den „Share“ Button zu finden. Vielleicht kann man diese Funktion ja noch hinzufügen, damit die Reichweite dieses und der hoffentlich folgenden Artikel erhöht werden kann.

    1. mein.saarland sagt:

      Lieber Peter Anterist,

      vielen Dank für Ihren Kommentar! Sehr gerne können Sie diesen Artikel auf Ihrer Facebook-Seite teilen. Wenn Sie sich auf der Seite des Artikels befinden, gibt es ganz unten auf der rechten Seite zwei Buttons. Über den rechten davon, haben Sie die Möglichkeit den Artikel auf Facebook oder Twitter zu teilen! 🙂

      Viele Grüße

  2. Joe sagt:

    Nett geschrieben :)!

  3. Ingrid Bickelmann sagt:

    Sie Glückliche! Mir ging es umgekehrt, wir sind von Saarbrücken nach München gezogen. Unseren Peugeot haben wir gegen eine Münchner Marke getauscht. Wir vermissen das Einfach-mal-über-die-Grenze-fahren-und-französische-Köstlichkeiten-kaufen, wir vermissen noch viel mehr. Kein guter Tausch auch wenn wir von München raus an einen der Seen gezogen sind. Gesegelt haben wir auch vorher schon auf einem der lothringischen Seen und Skiwochenenden verbrachten wir auf der Hütte in den Vogesen. Ich glaube, irgendwann geht’s wieder zurück..

  4. Norbert Kiefer sagt:

    Hallo Eugenia, dabei ist Bayern noch nicht einmal soweit entfernt. Bis 1918 verlief die bayerisch – preußische Grenze durch das Saarland. Der Ort „Bayerischer Kohlhof“ zeugt heute noch davon. Ein Vorteil hat München doch: Den FC Bayern.

  5. Schneider Margot sagt:

    Bin vor 30 Jahren von Saarbrücken nach Braunschweig gezogen, und kann aus Erfahrung berichten.
    Anders Bundesland, andere Menschen
    Und das Essen, ja, da esse wir Saarländer doch besser.
    Ihnen wünsche ich mit der Familie einen guten Start in der neuen Heimat und viel Freude, Glück und Zuversicht.
    Alles Gute Margot Schneider

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